Effort Justification (Teil 1) – ein beschäftigter Kunde wird ein treuer Kunde

Daniel Kostyra

Ein neuer Kollege zieht in Ihre Stadt und bittet Sie, ihm zu helfen. Umzüge mag niemand und ob Sie den Kollegen eigentlich mögen oder nicht, wissen Sie noch gar nicht konkret. Aber als netter, hilfsbereiter Mensch willigen Sie ein. Nachdem Sie vier Stunden Kisten in den dritten Stock getragen haben, stellen Sie abends fest: der neue Kollege ist echt in Ordnung.

EffortJustification

 

Dies kann am sogenannten Justification of Effort Effect liegen. Jener ist ein Ableger der kognitiven Dissonanz Theorie von Festinger[1] und einfach erklärt. Wir alle sind versucht, unser Handeln mit unserer Einstellung im Einklang zu halten. Deswegen werfen wir keinen Müll auf die Straße und halten älteren Menschen die Tür auf. Weil wir es für richtig halten, verhalten wir uns auch so. Wird man nun dazu verführt, sich gegen die eigene Einstellung zu verhalten (z.B. „Fremden“ beim Umzug helfen), hat man vier Optionen: Verhalten einstellen, Einstellung ändern, externe Rechtfertigung suchen, Selbstbetrug. Das ändern der eigenen Einstellung führte im obigen Beispiel dazu, dass man beschloss, der neue Kollege sei „echt in Ordnung“. Man beginnt nicht die Umzüge zu lieben. Aber indem einem der Kollege sympathischer erscheint, kann man besser damit leben vier Stunden gearbeitet zu haben (Effort Justification). Und dafür hat der neue Kollege selbst nichts tun müssen.

Für das Marketing bietet dies eine Chance: Indem man den Kunden mit mehreren kleinen, incentivierten Aufgaben beschäftigt (Gewinnspiele, Umfragen, Einrichten eines Profils, etc.), muss sich dieser nämlich fragen, warum er dies tut. Im Idealfall korrigiert der Kunde daraufhin seine Einstellung, indem er die Marke als interessanter und wichtiger einstuft, um den eigenen Zeitaufwand zu rechtfertigen. Wichtig ist hierbei: Es sollten viele kleine Aufgaben sein, die nicht übermäßig kompensiert werden. Bietet die Marke für das Anlegen eines Profils auf der eigenen Community-Seite einen (viel zu großzügigen) 100€-Gutschein, stellt sich der gleiche Effekt ein, als hätte Sie Ihr Kollege für die Umzugshilfe bezahlt: Sie machen es für das Geld. Und das ist eine externe Rechtfertigung (siehe die vier Optionen oben), wodurch Ihre Einstellung unberührt bliebe.

 

[1] Festinger, Leon (1957), “A Theory of Cognitive Dissonance”, Stanford University Press

 

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Daniel Kostyra

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Daniel Kostyra arbeitet seit Juni 2014 als Consultant bei der Cocomore AG. Zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Marketing an der Goethe Universität in Frankfurt. Wenn man ihn fragt, was er bei Cocomore macht, sagt er: "Ich weiß, was ich tue, selbst wenn ich nicht immer genau erklären kann, was ich mache".

Kosy in vier Worten beschrieben: neugierig, redselig, schmerzfrei, unbärtig.